Montag, 16. Dezember 2013

Bürgerlichkeit und Generationenvertrag

„Generationenvertrag“ – eine Platitüde aus der politischen Klamaukwelt des Bürgertums. Wer, wenn nicht die Jüngeren, sollte die Alten denn versorgen? Und umgekehrt, wer, wenn nicht die Eltern, sollte die Kinder denn versorgen? Das liegt nun einmal daran, daß wir Menschen Säugetiere sind. Diese Tatsache zeigt aber auch folgendes: Zur Lebensstrategie der Gattung der Säugetiere gehört das soziale Verhalten. Und je weiterentwickelt die einzelnen Arten innerhalb der Gattung sind, desto weiterentwickelt ist auch deren soziales Verhalten.

Aber das führt eben nur zu der Erkenntnis, daß das Bürgertum gar keine Gesellschaftsform ist. Denn es hat kein soziales Verhalten. Es kennt nur zeitweilige Zweckgemeinschaften zur Wahrung des status quo. Und so kommt man dann auch nicht weiter. Weder bei Pensionslasten noch bei Bildung und Ausbildung.
Vielleicht reden die Bürgerlichen auch deshalb immer von Tradition, weil sie eben nur diese, auch wenn sie nur vermutet wird, kennen. Vielleicht ist ihr politisches und gesellschaftliches Gesichtsfeld ja gewissermaßen schon polit-genetisch sehr stark eingeschränkt.
Das würde auch erklären, warum  die Diskussionen um Rente und Kindergartenplätze und um was weiß ich noch alles, sich ständig um einen vollkommen inhaltslosen Gerechtigkeitspol drehen. Inhaltslos? Ist das nicht wichtig? Wichtig schon, aber nicht Angelpunkt, um wirklich voranzukommen. Es ist eben nur der Drehpunkt der Diskussionen: Sich immer weiter im Kreise drehen, bringt halt keinen Schritt weiter nach vorn.
Dazu gahört auch die ständige Warnung davor, nicht den künftigen Generationen Lasten aufzubürden, die die dann nicht mehr tragen können. Welch eine Erkenntnis! Vor allem, wenn man einmal eingesehen hat, daß selbst der visionärste der visionären Politiker einen Zukunftshorizont von vielleicht zehn Jahren erfassen kann. Die aktuellen „Organisierer des demographischen Wandels“ sollten mit ihren Antizipationsversuchen besser zum Merlin gehen.
Zu was das führt, soll das Beispiel von Udo Bürgermann zeigen; nennen wir ihn halt so, als Arbeitstitel: Der will keine Kinder. Die kosten nämlich nur Geld. Der will lieber was von seinem Leben haben. Aber er ist verantwortungsbewußt. Er legt Gold zurück für sein Alter. Und Gold haben schon die alten Griechen gemocht. Das geht immer. Das ist er sich selbst schuldig. Er will im Alter von niemandem abhängig sein. Das läßt sein Stolz (er nennt es bürgerliches Verantwortungsbewußtsein) nicht zu. Ein paar Jahrzehnte später stellt er fest, daß sein Gold reichlich an Wert verloren hat. Das Gold hatte nämlich gar nichts mit der Altervorsorge am Hut. Es wollte vielmehr kräftig gehandelt werden. Und da guckt Udo dann dumm aus der Wäsche.
Was hat Udo eigentlich falsch gemacht? Nun, er hat sich ganz einfach nicht säugetiergerecht verhalten. Das ist im übrigen die einzige Stelle, an der der Wortsteil „gerecht“ sinnvollerweise in der ganzen Diskussion gebraucht werden sollte. Er hat weder für den Erhalt und vor allem den Ausbau der Gesellschaft etwas getan (muß er auch nicht unbedingt mit eigenen Kindern tun). Er hat auch nicht im mindesten begriffen, daß er auch in Zukunft, wie heute, aus dem Hier und Jetzt lebt (die Vorausschaubarkeit ist ja etwas begrenzter als angenommen).
Hier und Jetzt heißt aber eben nicht: „Von der Hand in den Mund“. Es heißt vielmehr, daß systemisch Mechanismen installiert werden müssen, die einerseits Motivation zur Leistung abgeben. Und die Aussicht auf ein halbwegs gesichertes Alter ist Teil dieser Motivation; diese Aussicht hilft, Risiken zu ertragen. Andererseits müssen diese Mechanismen die versprochenen Leistungen erbingen können, ohne die mittleren Generationen zu erdrücken.
Nun, diese Mechanismen gibt es längst. Sie funktionieren, zum Beispiel in Schweden, recht gut. Dort „scheißt der schwedische Teufel eben auf den größten Haufen“. Und das ist der am Kapitalmatkt agierende Staat. Der unternehmende Staat also. Nicht der quatschende. Und wenn es dem deutschen Bürger nicht gefällt, einfach etwas kopieren zu sollen, dann mag er halt seine Michelmütze an das System hängen und sagen, es wäre von ihm. Das könnte ich noch ertagen. Nicht ertragen will ich mehr das dumme Gerede zu diesem Thema.
Peter Rudolf Knudsen, Westfalen im Dezember 2013

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