Wenn es um die aktuelle und immer wiederkehrende „Schlacht
um die Steuergerechtigkeit“ geht, so sind mir die üblichen Klamauktöne doch
recht gleichgültig (geworden). Bei so wichtigen Begriffen wie den drei
genannten ist es mir ein wichtiges Anliegen, einmal genauer hinzuschauen.
Vielleicht ist es ja nur der übliche Ton, wenn man, wie das
Bürgertum, am Ende seines Wegs angekommen ist. Aber Kontinuität mit Starrsinn
statt mit wohlüberlegtem Handeln, Transparenz mit Voyeurismus statt mit Information
und Demokratie mit Proletentum statt mit Verantwortung für sich und andere zu
übersetzen, gefällt mir einfach nicht.
Dabei sollte ich vielleicht noch etwas zum Proletentum
sagen. Was ist das: ein Prolet? Ist das der arme Mann, der Proletarier? Liegt
das nahe, weil es lautmalerisch so schön paßt? Nein, der Prolet ist die letzte
Inkarnation des Bürgers als das was er eigentlich schon immer war: Der
Untertan.
Der Prolet gefällt sich in der Verhöhnung eines Schwächeren
oder eines Menschen in einer Zwangs- oder Notlage. Der Prolet weiß nichts, er
kann nichts und er hat keinen eigenen Wert. Daher braucht er stets aufs Neue
jemanden, auf den er herabschauen kann.
Das macht er dann auf immer dieselbe, klamaukartige Art und
Weise, vorzugsweise in der Castingshow und beim Bildzeitunglesen. Dort immer,
wenn es um arme Menschen geht, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, und
wenn es um Menschen oder Staaten geht, die sich, und sei es auch nur
vorübergehend, in einer Notlage befinden.
Dieses unablässige Feixen, dieser unablässige Klamauk sind
zum Wahrzeichen bürgerlicher Politik und bürgerlichen Gesellschaftslebens geworden.
Kontinuität besteht nur noch in der Kontinuität des Klamauks. Was mich
betrifft, so hätte ich das gern geändert.
Kontinuität in der parlamentarischen Demokratie, die ja von
Wahltag zu Wahltag lebt, ist gar nicht so einfach herzustellen. Gleichwohl ist
es wichtig, über die Grenzen einer Legislatur hinaus „in der Spur zu bleiben“.
Viele Angelegneheiten sind eben nach vier Jahren noch keinswegs
zufriedenstellend geregelt, siehe die aktuellen Versuche, eine Umstrukturierung
in der Energiegewinnung hinzubekommen. Und dabei geht es nur um die Gewinnung.
Die Speicherung als weitaus größere Aufgabe ist noch gar nicht angedacht.
Kontinuität ist nach meinem Dafürhalten keineswegs nur so
etwas wie Beharrungsvermögen. Das würde erst einmal nur Stehenbleiben bedeuten.
In der Bewegung die Spur und die Zielrichtung zu behalten ist eine reichlich
anstrengende Übung. Der bürgerliche Politiker, der „Kollege“ (der
Parlamentswerke GmbH & Co. KG?), wie die sich selbst gern untereinander anreden,
ist dazu vollkommen ungeeignet. Kontinuität muß man können und können wollen.
Es ist im Kern eine Charaktereigenschaft. Dafür muß man aber auch Charakter
haben und den nicht bei Eintritt in eine Partei abgegeben haben. Genau das hat
der Bürger aber immer wieder getan: seinen vielleicht einmal sogar vorhanden
gewesenen Charakter abzugeben. Beim Eintritt in eine Firma ebenso wie beim
Eintritt in das Parlament.
Ähnlich sieht es mit der Transparenz aus. Es steht niemandem
zu, einen anderen „strippen“ zu lassen. Solch ein Ansinnen ist einfach nur
ungehörig. Genausowenig wie es mir oder sonstwem zusteht, einem anderen in die
Hose zu schauen, genausowenig steht es mir oder sonstwem zu, einem anderen in
die Geldbörse zu schauen. Transparenz durch Offenlegung von Gehältern
herstellen zu wollen, das ist nur Spannerei. Nebenbei bemerkt: Auch die
manchmal geführten Diskussionen darüber, wieviel Geld oder Lohn und Gehalt
einem einzelnen überhaupt zustehen können/sollten, sind auch nicht sinnvoller.
Transparenz ist gegeben, wenn die Wege (von Informationen,
von Geld, von Entscheidungen) offenliegen. Die einzelne Information, den
einzelnen Betrag und die einzelne Einflußnahme zu kennen, ist ja zusätzlich ganz
schön (und für einen Staatsanwalt vielleicht sogar einmal sehr wichtig), aber
für die Beurteilung politischer Zusammenhänge und für die Meinungs- und
Entscheidungsfindung des Einzelnen unerheblich. Meinungen und Entscheidungen
sind, waren und werden immer „Bauchangelegenheiten“ sein. Jeder kann auf sein
Gefühl vertrauen. Und nur die dazu notwendigen „Inputs“ sind wirklich von Bedeutung.
Daraus folgere ich, daß Demokratie, auch direkte oder „direktere“
Demokratie, gar nicht so schwer (herzustellen) ist. Es sind gar nicht so viele
Voraussetzungen notwendig. Es ist nur der Wille nötig, alle Sinneskanäle
aufzumachen, und nur der Mut nötig, eine eigene Meinung zu entwickeln oder eine
eigene Entscheidung zu treffen. Das ganze halt noch einhergehend mit gutem Benehmen
– und die Demokratie kann kommen. Ich fürchte micht nicht.
Peter Rudolf Knudsen, Westfalen im April 2013
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